Manchmal ist es gar nicht so einfach, zur eigenen Hochsensibilität zu finden. Es gibt unterschiedliche Wege dorthin, manche sind etwas steiniger als andere, aber das Ziel ist immer das gleiche: die Annahme, der achtsame Umgang und das Verständnis über die Hochsensibilität, sich selbst und seine eigenen Kinder. Das Wissen darum macht so vieles leichter und kann sehr heilsam sein.
Deswegen möchte ich Dir von meiner ganz persönlichen Geschichte erzählen.
Ich möchte dies mit Dir teilen, um Dir Mut zu machen, dass auch Du es schaffen kannst, Dich und Deine Hochsensibilität voll und ganz anzunehmen und gut damit zu leben, auch wenn nicht immer alles einfach war in Deinem Leben. Denn so kannst Du auch Deinem hochsensiblen Kind ein guter Begleiter sein.
Vielleicht erkennst Du Dich ja auch an der einen oder anderen Stelle wieder.
Wie alles begann:
Ich wuchs in einem kleine Städtchen in Süddeuschland auf, zusammen mit meinem großen Bruder und mit meiner wunderbaren Mama. Wie ich heute weiß, habe ich meine Hochsensibilität wohl von ihr geerbt, aber das war damals noch kein Thema
Schon sehr früh merkte ich, dass ich irgendwie anders tickte, als die meisten Gleichaltrigen um mich herum. Ich war wohl etwas sonderbar für die Kinder im Kindergarten und auch in der Schule.
Ich hatte einen starken Bezug zur Natur und zu Tieren, ich hatte viel Fantasie und spielte sehr gerne auch für mich allein.
Ich lernte früh sprechen und begann ständig Fragen zu stellen, ich wollte die Welt ganz genau verstehen und hinterfragte vieles.
Mein Gerechtigkeitssinn war extrem groß und ich nahm Stimmungen und Gefühle anderer sofort wahr, was mich oft überforderte. Deswegen war ich auch gerne für mich allein und zog mich viel zurück, war gerne in der Natur.
Ich fühlte mich oft von meinen und von fremden Gefühlen überwältigt und die Welt da draußen konnte ich oft nicht verstehen, sie war mit fremd und unberechenbar.
Das war eigentlich für mich aber auch lange Zeit völlig in Ordnung, denn meine Mama gab mir immer das Gefühl, dass ich gut bin, so wie ich bin. Ich fühlte mich geliebt.
Die Welt steht Kopf:
Und dann kam ich in die Pubertät, die für mich alles auf den Kopf stellte und meine Welt erschütterte.
Ich kam mit meinen Gefühlen nicht mehr klar, und auch die der anderen spürte ich und ein riesen Gefühlschaos brach los. Für mich war das oft schmerzlich und der Wunsch, irgendwo dazugehören zu wollen, wurde immer stärker.
Ich fand Menschen, die ebenso wenig zu den anderen passten und die mit der Welt auch nicht ganz zu recht kamen.
Mein Kopf lief ständig auf Hochtouren, ich konnte mich nicht so recht abgrenzen und war ständig überreizt. Ich wollte endlich Ruhe und suchte nach Mitteln, um meine Wahrnehmungen zu betäuben.Um dies zu erreichen, probierte ich einiges aus.
Mit Drogen klappte es zumindest kurzzeitig, aber, wie man sich vorstellen kann, war das alles andere als gesund und erlösend.
Die Welt um mich herum war immer noch chaotisch und vieles konnte ich einfach nicht nachvollziehen. Ich wurde zusätzlich noch magersüchtig.
Im Nachhinein denke ich, war es ein Versuch zumindest einen Aspekt meines Lebens kontrollieren zu können.
In dieser Zeit suchte ich nach Halt aber konnte ihn nicht finden, denn meine Mama war damals nicht in der Lage dazu, zu sehr war sie noch mit ihrer eigenen schweren Vergangenheit beschäftigt.
Mein Vater war in meinem Leben nie wirklich greifbar gewesen und Freundschaften oder Beziehungen, die ich führte, waren meistens schwierig. Wie hätten diese auch eine gute Basis haben können, wenn ich doch selbst so weit von mir entfernt war und mich selbst nicht lieben konnte.
Ich merkte, wie destruktiv mein Leben verlief und wusste, dass es so nicht weitergehen konnte.
So wollte ich nicht leben und so begab ich mich auf die Suche nach Antworten, warum ich einfach nicht in diese Welt zu passen schien.
Ich begann schon sehr früh, mich mit Psychologie auseinander zu setzen und las Fromm, Freud, Rogers und so vieles mehr. Das half mir bei einigem weiter und ich konnte manche Dinge besser verstehen, aber eine Lösung hatte ich immer noch nicht.
Als ich anfing, zu modeln, stärkte das mein Selbstvertrauen und ich begann zumindest mein äußeres Ich lieben zu lernen, mit meinem inneren Ich war ich aber immer noch nicht im Einklang.
Dadurch konnte ich jedoch meine Magersucht hinter mir lassen und auch die Drogen wurden nach und nach immer weniger.
Ich lernte meine große Liebe, meinen heutigen Ehemann kennen, und konnte zum ersten mal aus tiefstem Herzen lieben. Durch ihn, konnte ich auch selbst zu meinem tieferen Kern vordringen und lernte mich mehr und mehr anzunehmen.
Dann kam unser erster Sohn:
Die Geburt unseres ersten Sohnes hat meine Welt noch mal komplett auf den Kopf gestellt. Er war und ist bis heute mein perfekter Spiegel und Lehrmeister. Durch ihn hinterfragte und reflektierte ich mich immer mehr. Nach und nach lernte ich, meine Wahrnehmungen zu kanalisieren und mich abzugrenzen.
Uns war schnell klar, dass unser Sohn anders war als die meisten Kinder in seinem Alter. Ihm wurde es schnell zu viel, wenn um ihn herum zu viel Action war, er brauchte viel Struktur, große Menschenmassen gingen für ihn gar nicht, er beobachtete andere Kinder lieber als mitzuspielen, er redete früh und hatte einen großen Wortschatz und machte sich früh Gedanken über tiefgründige Themen, um hier nur ein paar Dinge zu nennen.
Wir hatten es aber auch geschafft, uns gut aufeinander einzustellen, ihn so anzunehmen, wie er ist und haben unseren Alltag danach eingerichtet.
Die Probleme fingen erst an, als er in den Kindergarten kam.
Er fühlte sich nie wirklich wohl, konnte und wollte sich dort nicht anpassen und verhielt sich in vielen Dingen anders. Er weigerte sich, an Gruppenaktivitäten teilzunehmen, mit anderen Kindern konnte er nicht viel anfangen und spielte meistens für sich allein. Er wurde zunehmend unausgeglichener, war viel müde, zog sich komplett zurück oder wurde aggressiv.
Die Erzieherinnen wollten uns schnell weismachen, er wäre psychisch gestört und solle in eine Therapie gehen.
Wir wollten das so nicht stehen lassen und wieder begab ich mich auf die Suche nach Antworten, diesmal für meinen Sohn.
Durch Zufall las ich im Internet etwas über Hochsensibilität und es fiel mir wie Schuppen von den Augen! Es passte alles perfekt-auf ihn und auf mich!
Plötzlich konnte ich so vieles in neuem Licht sehen; das Verhalten meines Kindes, seine Wahrnehmung, mich und meine Vergangenheit. Alles ergab einen Sinn.
Es war ein absolutes Aha-Erlebnis und ich wollte alles zu dem Thema wissen, ich wollte zur Expertin für meinen Sohn und mich werden.
Was mir half:
Ich recherchierte im Internet, verschlang jede Lektüre, die ich darüber in die Finger bekam und tauschte mich mit anderen aus.
Es tat so gut, zu wissen, dass wir nicht allein sind und dass es anderen genauso geht wie uns. Ich begann zu verstehen, dass nicht wir falsch oder komisch sind sondern einfach das System oft nicht passend für uns ist.
Nun konnte ich auch besser nachvollziehen, wie mein Sohn die Welt wahrnimmt und wieso er sich eben dementsprechend verhält.
Mit diesem Wissen begannen wir, verschiedene Strategien auszuprobieren, zu verwerfen und wieder neu zu gestalten. Bis wir die für uns passenden gefunden hatten, um wieder mehr Leichtigkeit und Harmonie in unser Leben zu bringen.
Nun konnte ich ihn endlich richtig unterstützen und sein Verhalten und seine emotionale Lage veränderten sich zunehmends. Wir waren endlich angekommen und wurden immer zufriedener und ausgeglichener.
Ungefähr zu der Zeit begann ich auch, meine eigene Spiritualität zu entdecken und mehr und mehr zu meiner Essenz zu finden. Ich machte meine Ausbildung zur Ergotherapeutin und hatte das große Glück, ganz wunderbare Lehrer zu haben. In unseren Selbsterfahrungsrunden wurden unter anderem auch Schamanische Rituale angewandt, durch die ich viel Heilung erfahren habe.
Diese Zeit war intensiv und veränderte für mich noch mal vieles. Denn ich lernte hier auch meine Fähigkeit, mich in andere hineinversetzen zu können, als Gabe schätzen.
Als Therapeutin ist es ein unglaublicher Vorteil, die Gefühle und Stimmungen des Gegenübers auch ohne Worte wahrnehmen zu können und diese auch zu verbalisieren. Ich lernte, auf meine Intuition zu vertrauen und sie für mich zu nutzen.
So habe ich es geschafft, wirklich zu mir zu finden, mich und meine Hochsensibilität anzunehmen und in meine innere Mitte zu kommen.
Nun konnte ich auch endlich meinen Sohn in allen Aspekten verstehen und besser unterstützen.
Was ich Dir mitgeben will:
Du siehst mein Weg war steinig und führte durch viele Umwege bis ich zu mir selbst gefunden habe.
Warum ich Dir von meiner ganz persönlichen Geschichte erzähle?
Das hat mehrere Gründe:
Zum einen möchte ich damit zeigen, wie wichtig es ist, dass man schon so früh wie möglich lernt, mit seiner Hochsensibilität umzugehen.
Das bedeutet, wir können es unseren Kindern so viel einfacher machen, wenn wir sie liebevoll begleiten und ihnen Halt geben.
So können wir ihnen auch schmerzhafte Erfahrungen, die wir selbst vielleicht machen mussten, ersparen.
Zum anderen möchte ich Dir Mut machen und zeigen, dass man es schaffen kann, die eigene Hochsensibilität anzunehmen und mit ihr umzugehen, auch wenn vielleicht nicht alles rund lief und man erst spät auf dieses Thema kam. Es ist nie zu spät, zu sich zu finden und Strategien zu entwickeln, wie man selbst besser zurecht kommt.
Aber es ist wichtig, sich wirklich mit sich selbst und der Feinfühligkeit auseinander zu setzen, denn so wirst Du auch eigene Verletzungen und Verstrickungen auflösen können und mehr in dir ruhen.
Das wiederum hat großen Einfluss auf deine Kinder, vor allem, wenn sie auch hochsensibel sind, denn diese spüren ganz besonders, wie gut Du mir dir selbst im Reinen bist. Noch dazu bist Du ein großes Vorbild für dein Kind, was den Umgang mit HS angeht. Kannst Du es positiv annehmen, wird es auch deinem Kind leichter fallen.
Zum Schluss, möchte ich Dir noch das Gefühl geben, nicht allein zu sein. Viele Menschen, kommen erst spät auf ihre eigene Hochsensibilität, sehr oft sogar nur über ihre hochsensiblen Kinder. Es kann ein ganz besonderer und spannender Weg sein, diesen wunderbaren Wesenszug zusammen mit dem Kind zu entdecken.
Mehr zu diesem und anderen Themen findest Du auch in meinem Ratgeber: hochsensibel und löwenstark
Da ich weiß, wie wichtig der Austausch mit Anderen, lade ich Dich noch ganz herzlich in meine Facebook-Gruppe „hochsensibel und löwenstark“ ein. Ich habe sie speziell für hochsensible Familien gegründet und biete hier einen Raum zum Austausch, zur gegenseitigen Unterstützung, zum Ausweinen und für vielen neuen Input an.
Ich freue mich, Dich im Löwenclan begrüßen zu dürfen.