Was ist WWOOFing überhaupt?
Natürlich muss ich den Begriff bzw. das Projekt erst einmal erklären. Denn leider kennen viele Menschen diese wunderbare Idee noch gar nicht. Wir selbst sind auch erst vor ca. einem halben Jahr darauf gestoßen. Wir waren sofort begeistert davon und wollten es schnellstmöglich ausprobieren.
WWOOF bedeutet:
Worl-Wide Opportunities On Organic Farms
Dahinter steckt die Idee, dass Menschen aus der ganzen Welt auf ökologischen Höfen weltweit arbeiten können um das Leben dort kennen zu lernen und sich Wissen über ökologische Landwirtschaft und Tierhaltung sowieso Selbstversorgung anzueignen. Dabei kann man die lokale Bevölkerung auf eine ganz ungezwungene Art und Weise kennen lernen und auch Freundschaften schließen. So lernt man Land und Leute besonders gut und einfach kennen. Es sollte so laufen, dass man jeden Tag ein paar Stunden auf dem Hof mitarbeitet um einen Eindruck der Aufgaben dort zu bekommen und die Besitzer ein wenig zu entlasten, dafür erhält man freie Kost und Logis. Die Besitzer sollten den WWOOFern Einblicke in die Arbeit geben und ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben. So entsteht eine gute Einbindung in den Tagesablauf und eine gute Integration in die Familie oder die Gemeinschaft. Die Besitzer solcher Höfe sind oft sehr gebunden an ihren Betrieb und kommen nicht viel raus, so bringen WWOOFer aus aller Welt frischen Wind und Austausch mit sich und sie können ihr Wissen, ihre Begeisterung und ihr Können weitergeben.
Mehr Infos findest Du direkt auf der Webseite von WWOOF.
Unser Antrieb:
Als wir zum ersten mal von dieser Idee hörten waren wir total begeistert. Für uns steht bei unseren Reisen das Kennenlernen von Land und Leuten an erster Stelle und dies schien uns eine ideale Möglichkeit hierfür zu sein. Auch besitzen wir selbst einen Selbstversorgergarten den wir mit Begeisterung bewirtschaften. Von daher liegt uns organische Landwirtschaft selbst sehr am Herzen. Wir finden es auch wahnsinnig wichtig unseren Kindern, Wissen über die Herkunft unserer Nahrung mit zugeben. Sie sollen wissen, woher unser Essen kommt und was dazu gehört, dieses herzustellen. So können die Kinder auch einen bewussten Umgang damit lernen.
Noch dazu ist das Reisen an touristische Hochburgen für uns, selbst wenn wir es wollen würden, kaum möglich. Denn mit Kilian, unserem feinfühligen Sohn, und mir als hochsensitiver Mutter wäre der Trubel dort viel zu viel. Dies würde für uns nur Stress bedeuten und so bevorzugen wir lieber ruhige Aufenthaltsorte mit viel Natur um uns und ohne große Menschenmassen.
Der Kontakt zu Tieren ist vor allem für unseren Kleinen sehr wichtig und er genießt es mit diesen in Kontakt zu sein.
So entschlossen wir uns dazu, das WWOOFen einfach mal auszuprobieren. Vor allem auch weil wir auf unserer großen Reise nach Asien nächstes Jahr darauf zurückgreifen wollen.
So wollten wir es zu erst einmal in Deutschland testen und sehen ob es wirklich unseren Vorstellungen entspricht.
Gesagt, getan:
Da eine Woche gemeinsamer Urlaub vor uns lag, entschieden wir uns dazu, einfach mal damit zu starten. Wir meldeten uns bei WWOOF Deutschland an, für eine kleine Gebühr von 20 Euro und erhielten somit den Zugang zu der Liste aller teilnehmenden Höfe in Deutschland. Da wir von dort aus noch zu dem Meetup der Tu-Was-Du-Liebst.Business-Schule der Sundancefamilie nach Berlin wollten, suchten wir nach Höfen, die auf dem Weg nach Berlin lagen. Um nicht erschlagen zu werden von der Anzahl der Höfe, sollte man wirklich eine Eingrenzung vornehmen. Also sich auf bestimmtes Gebiet beschränken oder sonstige Filter auswählen. Dies lässt sich auf der Seite sehr gut einstellen. Für uns war es z.B. ein Kriterium, dass Kinder willkommen sind.
Wir hatten uns dann eine kleine Auswahl von Höfen zusammengestellt, die für uns in Frage kommen würden und fingen an, Kontakt aufzunehmen. Wir riefen also bei den meisten direkt an oder schrieben ihnen Mails wenn wir sie nicht persönlich erreichen konnten. Ich muss dazu sagen, es war für uns eine recht spontane Entscheidung und wir fingen mit der Suche erst zwei Wochen vor unserem Urlaub an. Man kann das ganze auch längerfristig planen, was die Suche unter Umständen leichter machen kann.
Bei uns war es dann eben so, dass einige schon WWOOFer bei sich hatten und somit keinen Platz mehr für uns frei hatten. Es gab aber auch den einen oder anderen Hof, bei dem es beim Gespräch für uns schon nicht gepasst hatte und unser Bauchgefühl sagte, dass wir dort nicht hinpassen würden. Trotzdem haben wir dann mehrere Zusagen bekommen und wir mussten uns entscheiden, wo wir letztendlich hin wollten. Wir hörten auf unser Bauchgefühl und entschieden uns für einen kleinen Selbstversorgerhof mit angeschlossener Tierpension in Thüringen Nähe Hardisleben. Das Gespräch war unkompliziert und die Besitzerin war mir auf Anhieb sympathisch. Die Beschreibung hatte uns auch sehr gut gefallen und es schien genau das zu sein, was wir suchten. Die kleine Familie (Mama, Papa und die jüngste Tochter 12 Jahre) betreibt diesen Hof seit einigen Jahren und versorgt sich fast autark. Sie bauen Obst und Gemüse selbst an, es gibt viele Tiere (Schweine, Ziegen, Schafe, Hühner, Enten, Hunde, Katzen, Hasen, Meerschweinchen, Bienen), sie stellen eigenen Ziegenkäse her, backen eigenes Brot, produzieren Wurst und Fleisch selbst und schon in der Beschreibung steht, dass es ihnen wichtig ist, den Leuten viel davon zu zeigen.
Also war klar, dass wir eine Woche auf diesem Hof verbringen würden und wir waren jetzt doch etwas aufgeregt und in freudiger Erwartung.
Die Ankunft:
Nach ca. 3,5 Stunden Fahrt kamen wir auf dem kleinen Hof in Thüringen an und wurden von der Familie schon erwartet. Wir kamen genau richtig zum Abendessen und wir setzten uns alle zusammen an den Tisch um gemeinsam zu essen. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch und hatten uns gegenseitig viel zu erzählen. Nach dem leckeren Essen aus selbst hergestellten Produkten bekamen wir erst mal eine Hofführung und konnten uns alles in Ruhe anschauen. Die Tochter bekam erstaunlich schnell guten Zugang zu Kilian, normalerweise braucht er am Anfang viel Zeit, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Aber er genoss es von Anfang an, mit seiner neuen Freundin los zu ziehen und die Umgebung zu erforschen. Die Natur, die Tiere und die ruhige Art der ganzen Familie gaben ihm wohl schnell die Sicherheit, die er brauchte. Die Eltern waren gleich sehr bemüht, uns alles zu zeigen und schon mal viel zu erklären. Auch konnten wir in ein schönes Zimmer einziehen und es uns schon mal gemütlich einrichten. Schon am ersten Abend saßen wir dann noch bis spät abends zusammen und haben über alles mögliche gesprochen und haben uns schon mal gut kennen gelernt. Der Austausch war für uns alle bereichernd und wir fühlten uns sofort in die Familie aufgenommen.
Unsere Woche-unsere Erfahrungen
Am nächsten Morgen sollte also unser Alltag auf dem Hof beginnen. Und wieder war alles ganz stressfrei. Die zwei lieben Besitzer meinten, wir sollen einfach dazu stoßen wenn wir fit sind. Aber natürlich waren wir schon ganz aufgeregt und wollten wissen, wie alles abläuft also waren wir auch schon früh wach, um alles miterleben zu können.
Zuerst stand natürlich die Versorgung der Tiere auf dem Programm. Dazu gehört das Füttern, die Ställe machen, mit den Pensionshunden Gassi gehen und Ziegen melken.
Kilian war total fasziniert vor allem von den vielen Tierbabys. Es gab zu der Zeit viel Nachwuchs auf dem Hof. Er fand vor allem die Hasenbabys, die Kücken, die Ziegenbabys und die Katzenjungen total toll. Es war für ihn eine wahnsinnig schöne Erfahrung alle einfach auch anfassen zu dürfen und in Kontakt zu gehen. Ich finde diese Erfahrung gerade für Kinder wahnsinnig wertvoll. Der Kontakt zur Natur und den Tieren kann vor allem auch für hochsensible Kinder sehr beruhigend sein. Kilian tat die Ruhe dort wirklich gut.
Am ersten Tag liefen wir also einfach mal mit und schauten uns an, was es alles zu tun gab. Und das ist wirklich eine Menge. Nach dem Versorgen der Tiere wurden dann auch für das leibliche Wohl der Zweibeiner gesorgt und wir alle nahmen uns erst mal Zeit um gemütlich zu frühstücken und den weiteren Tag zu besprechen.
An diesem Tag stand noch Brotbacken, Käsemachen und Mähen auf dem Programm. Da ich schon im 6. Monat schwanger war, war es auch unserer Gastfamilie besonders wichtig, dass ich nur leichte Aufgaben übernehmen würde und hab mich so eher auf den Haushalt und Tätigkeiten drum herum konzentriert. Mein Mann war dann eher fürs grobe zuständig und half beim Mähen. Kilian machte sich wieder mit der Tochter auf den Weg, um die Umgebung zu erkunden, nach den ganzen Tieren zu schauen und Eier zu suchen. Wir waren sehr überrascht aber auch sehr glücklich, dass er so schnell seine Scheu verloren hatte. Das braucht bei ihm sonst wirklich länger.
So machten wir uns also nach dem Frühstück, das übrigens wieder fast nur aus selbst hergestellten Produkten bestand, frisch gestärkt ans Werk, gingen unseren AUfgaben nachn und fragten unserer Gastfamilie Löcher in den Bauch. Mittags wurde auch wieder darauf bestanden, gemeinsam Pausen zu machen. Zuerst konnten wir uns bei Kaffee und Kuchen dann bei einem kleinen Snack stärken. Abends wurde gemeinsam gekocht und gegessen und wir saßen wieder lange zusammen und sprachen über Gott und die Welt.
Die nächsten Tage liefen im Prinzip sehr ähnlich ab. Es gab immer wieder verschiedene Aufgaben, die erledigt werden mussten und bei denen wir gern halfen. Worüber die liebe Familie sich sehr freute. Mit jedem Tag konnten wir auch mehr unterstützen, da uns der Ablauf auf dem Hof immer vertrauter wurde. Wir lernten dabei unglaublich viel Neues, denn die Besitzer waren extrem bemüht, uns alles zu zeigen und zu erklären. So bekamen wir einen sehr breitgefächerten und ehrlichen Einblick in das Leben auf so einem Hof.
Wir halfen bei den verschiedensten Verrichtungen und bekamen Einblicke in:
- Käse machen
- Brotbacken (im Steinofen)
- Felder machen (Unkraut jäten, Kartoffelfeld anlegen)
- Tiere versorgen (Füttern, Ställe sauber halten, Melken)
- Mähen, Gartenpflege
- Hundepsycholgie
- Pflege von Bienen
- Kompostieren
- ökologischer Gartenbau und Tierhaltung
Ganz besondere Erlebnisse waren für uns:
- Wir durften eine Ziegengeburt miterleben. Wie faszinierend, wenn ein neues Leben auf die Welt kommt. Besonders Kilian war hin und weg.
- Melken der Ziegen: für uns war es das erste mal, dass wir das selbst machen konnten. Gar nicht so einfach, wie es immer aussieht und vor allem auch echt anstrengend.
- Kilian war von all den Tierbabys total fasziniert und war bei ihnen, wann immer es ging.
- Wir konnten dem Besitzer zuschauen, wie er mit den Hunden arbeitete. Er hat eine Ausbildung in Tierpsychologie und arbeitet mit seinem kleinen Hunderudel mit fremden Hunden, die zu ihm gebracht werden, weil sie Probleme haben. Wie er mit den Tieren arbeitet und was er für eine Freude dabei hat, war faszinierend für uns.
- nicht so schön war es, als der Fuchs über Nacht die ganzen Entenjungen gerissen hatte. Mein Mann entdeckte die toten Tiere morgens im Stall. Aber auch diese Erfahrung war wertvoll für uns, denn das ist eben die Natur und gehört zum Leben dazu.
- Das gemeinsamen Kochen und Essen, das Zusammensitzen, abends Billardspielen und sich über alles mögliche Auszutauschen. Die Familie hatte auch schon ein sehr bewegtes Leben und wir konnten viele Erfahrungen austauschen.
- Zu sehen, dass sich die Familie trotz all der anfallenden Arbeit auch noch sozial engagiert, war für uns auch toll zu sehen. Denn ein mal die Woche haben 2 geistig Behinderte Menschen die Möglichkeit auf dem Hof zu helfen und aus ihrem tristen Alltag zu entkommen. Auch ein junger Mann der Sozialstunden leisten musste, war hier willkommen und konnte einmal die Woche mitarbeiten und Erfahrungen aus dem Hofleben sammeln.
Natürlich mussten wir nicht die ganze Zeit arbeiten oder waren verpflichtet auf dem Hof zu bleiben. Ganz im Gegenteil. Die Familie sagte uns immer wieder, wir sollten langsam machen und könnten auch ruhig mal raus und Ausflüge machen. Aber es gefiel uns unglaublich gut dort, die Ruhe, die Atmosphäre und auch die Abgeschiedenheit. Das alles war eine Wohltat für uns und wir sind trotz der Arbeit sehr zur Ruhe gekommen. Das gilt für uns alle, nicht nur mein Mann war total ausgeglichen auch Kilian und ich tat das alles sehr gut und wir konnten richtig gut abschalten. Dabei war es auch gut, dass das Internet sehr schlecht war auf dem Land und wir so auch mal eine Zeit lang nicht online sein konnten. So hatten wir auch die Möglichkeit wirklich bei uns zu sein und auf uns zu fokussieren.
Wir nutzen aber auch mal die Zeit, Verwandtschaft zu besuchen, die in der Umgebung wohnt. Auch waren wir mal mit den Kindern in einem wunderschönen Waldfreibad ganz in der Nähe, was vor allem die Kinder sehr genossen.
Worauf Du beim Auswahl der Höfe achten solltest:
- Ein telefonisches Gespräch solltest Du auf jeden Fall machen. Da merkt man oft recht schnell, ob man sich sympathisch ist und Fragen können geklärt werden.
- Was sind deine Aufgaben und wie lange sollst Du arbeiten. Leider gibt es wohl auch Höfe, die die WWOOFer als günstige Arbeitskräfte nutzen und weniger Wert darauf legen, dass man selsbt auch dabei etwas lernt.
- Auswahl des Ortes: was gibt es in der Nähe, was ist dir wichtig? willst du sehr ländlich sein und Ruhe haben oder doch lieber in der Nähe einer Stadt
- Was für Möglichkeiten der Unterbringung gibt es. Auf manchen Höfen bekommt man ein eigenes Zimmer, manche bieten einen Bau- oder Wohnwagen an, wieder bei anderen kann man nur zelten. Es kommt hier darauf an, was Dir zu sagt.
- Sind Kinder willkommen und gibt es vielleicht auch Kinder auf dem Hof.
- Wie lange möchtest Du bleiben. Manche Höfe haben eine Mindestaufenthaltsdauer
- Ist Bettzeug vorhanden oder soll man selbst Schlafsäcke etc. mitbringen?
- Was ist dir sonst noch wichtig: vegetarische oder vegane Ernährung, ist Rauchen möglich etc. hierfür kannst Du Filter einschalten.
Unser Fazit:
Wir hatten wohl den perfekten Einstieg in unsere WWOOFing-Karriere. Die Familie war wahnsinnig nett, bemüht und hat wirklich alles dafür getan, dass wir so viel wie möglich mitnehmen konnten.
Wir haben viel lernen können von ihnen und haben einen sehr klaren Einblick in den Alltag auf einem solchen Selbstversorgerhof bekommen. Die Mischung aus Arbeit, Freizeit und gemeinsamer Zeit mit der Gastfamilie war für uns perfekt. Es war alles sehr ungezwungen und auf einer sehr harmonischen menschlichen Ebene.
Für unser hochsensibles Kind und mich als hochsensitve Mutter war das eine ideale Möglichkeit, vom Alltag abzuschalten und uns auf uns zu konzentrieren. Die Abgeschiedenheit, die Ruhe und die Natur haben uns auf eine ganz wundervolle Art geerdet und haben uns geholfen, uns auf uns selbst und die Familie zu fokussieren. Kilian war sehr ausgeglichen und wie schon gesagt, hatte er schnell Zugang dort gefunden, was selten so schnell vorkommt, da er normalerweise viel Zeit braucht, um sich alles genau anzuschauen und für sich zu analysiere. Hier hatte er sich von Anfang an sehr wohl gefühlt da er wohl auch die positive Energie dieses Ortes gespürt hatte.
Mein Mann war durch die körperliche Arbeit in der Natur, und deren sichtbaren Nutzen sehr ausgeglichen, sehr bei sich und in Balance.
Der Abschied von dort fiel uns sehr schwer, wir wären wirklich gerne länger geblieben. Wir planen aber jetzt schon wieder einen weiteren Besuch dort und sind immer noch in Kontakt mit der Familie.
Ich weiß natürlich nicht, ob jeder WWOOF-Hof so ist, wie dieser, aber unsere erste Erfahrung war einfach mehr als positiv und wir können jeder Familie, die auch naturverbunden ist, nur empfehlen, das selbst auszuprobieren. Die Erfahrungen, die man dort machen kann, sind unglaublich wertvoll für die ganze Familie. Kilian erzählt immer noch sehr viel davon und möchte ganz bald wieder dort hin und seine neue Freundin und die Tiere dort besuchen.
Auch steht für uns nun definitiv fest, dass wir auf unserer Asienreise nächstes Jahr, diese tolle Art, Land und Leute kennen zu lernen, unbedingt nutzen wollen.
Alles in allem war es für uns als Familie eine wunderbare Erfahrung, die wir sehr gerne wiederholen wollen.