Manchmal, wenn der Alltag wieder mal sehr anstrengend ist, weil unser Kind sehr viele Ansprüche hat, sind wir uns manchmal gar nicht bewusst, wie wertvoll es sein kann, ein feinfühlendes Kind bei uns zu haben. Ich sehe das auch als ein Geschenk und eine große Chance, denn gerade diese Kinder können uns so unheimlich viel geben und bewusst machen.
Natürlich, es ist nicht immer einfach den Alltag zu meistern, wir als Eltern müssen sehr achtsam sein und immer wieder Glaubenssätze und Verhaltensmuster hinterfragen, was nicht immer und in jeder Situation einfach ist. Oft sind wir selbst gestresst oder der Alltag lässt uns kaum Raum, um diese Dinge wirklich bewusst wahr zu nehmen.
Aber gerade dann kann es ein großes Glück sein, wenn wir jemanden bei und haben, der uns einen Spiegel vorhält und uns quasi dazu zwingt, langsamer zu machen, um sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen.
Ein vielfühlendes Kind macht einen auf vieles aufmerksam und regt dazu an, Dinge und Situationen ja sogar sich selbst zu hinterfragen. So kann das Kind oft auch unterschwellige oder ungelöste Konflikte und Probleme in einer Familie erspüren und reagiert darauf, so dass wir es selbst wahrnehmen können und eine Chance bekommen, diese zu lösen.
Wenn wir achtsam mit unserem Kind sind und die Zeichen wahrnehmen, die es uns gibt, so sind wir automatisch auch achtsamer mit uns selbst, machen uns tiefere Gedanken und versuchen Lösungen zu finden für Dinge, die vielleicht nicht so rund laufen, wie es vielleicht im Moment scheint. Dies führt automatisch zu mehr Ruhe und Harmonie in der ganzen Familie.
Eine Chance für den Alltag:
Auch tendieren wir dazu, den Alltag viel zu voll zu stopfen und in einem viel zu schnellen Tempo zu leben.
Mit einem feinfühligen Kind ist das oft gar nicht möglich, denn es ist viel schneller an seinen Grenzen und reagiert dementsprechend auf die Überreizung.
Wir müssen einen Gang runter schalten, Ruhepausen einlegen und nach Alternativen suchen, den Tag zu gestalten.
Dies sollten wir auf keinen Fall als Hindernis sondern als Chance für uns sehen. Denn nicht nur das Kind profitiert davon, wenn wir entschleunigt leben, auch für uns ist es wichtig. So können wir selbst wieder zur inneren Ruhe finden und wir kommen wieder dazu dem Schönen und dem Stillen im Leben mehr Raum zu geben. Und davon profitiert letztendlich nicht nur das Kind sondern die ganze Familie.
So gehen wir beispielsweise sehr viel in die Natur, was nicht nur unserem Sohn sondern auch uns Eltern zu mehr innerer Balance verhilft . Immer wenn ich merke, dass mein Kleiner unruhig wird, weil ihn vieles umtreibt, schnapp ich ihn mir zu einem beruhigenden Spaziergang im Wald. Das lässt uns beide aufatmen und danach sind wir immer wieder sehr zentriert und ausgeglichen.
Bewusster leben:
Ein weiteres Geschenk, das ein vielfühlendes Kind der Familie und den einzelnen Mitgliedern machen kann ist es, bewusster mit sich selbst umzugehen.
Diese Kinder nehmen oft Stimmungen und Gefühle anderer wahr und reagieren selbst darauf. Oft sind uns diese Gefühle selbst noch nicht wirklich bewusst, aber durch die Reaktion des Kindes werden wir quasi darauf gestoßen und haben so die Möglichkeit uns damit auseinander zu setzen, was uns zu bewussteren und selbst reflektierteren Menschen machen kann.
Mein Sohn und ich haben z.B. ein sehr enges Verhältnis und unsere Interaktionen sind stark miteinander verbunden. Wenn er unruhig und gestresst wird, schau ich mir das ganz genau an, und möchte wissen, was der Grund dafür ist. Natürlich kann es auch von etwa kommen, das er selbst erlebt hat, aber oft hängt es auch mit meinem persönlichen Gemütszustand zusammen.Er hält mir quasi einen Spiegel vor. So kann ich dann selbst inne halten und in mich hineinspüren, um zu erkennen, was mich wirklich beschäftigt, und kann eigene Konflikte lösen. Dies hat dann auch immer positive Auswirkung auf ihn und er kann selbst wieder zur Ruhe kommen.
Neue Wege gehen:
Eine weitere sehr wertvolle Erfahrung ist es für uns auch, dass viele Dinge eben bei unserem Kind, nicht so funktionieren, wie bei anderen Kindern. Dies ist für uns auf gar keinen Fall ein Nachteil, denn wir haben angefangen, viele Dinge zu hinterfragen. Gerade auch , was die Kindererziehung angeht. Manche Dinge haben wir auch als normal angesehen, weil es schon immer so gemacht wurde oder es die meisten so machen. Unser Sohn hat uns aber eines besseren belehrt. So war es für uns früher schon fast selbstverständlich, dass ein Kind in den Kindergarten geht und danach in die Schule und einen Abschluss macht. Aber wir merkten doch recht schnell, dass sich das vor allem mit einem hochsensiblen Kind gar nicht so einfach gestaltet. Kilian war nie gern im Kindergarten, er konnte sich nie in dieses System fügen und hasste es mit so vielen lauten Kindern zusammen zu sein, vorgefertigte Spiele zu spielen und sich an fremde Regeln zu halten. Die Trennung von uns Eltern fiel ihm immer schwer.
So fingen wir an, dieses ganze System noch mehr zu hinterfragen und nach Alternativen zu suchen. Muss es denn sein, dass ein Kind fremd betreut wird, statt zu hause bei den Eltern zu sein? Ist es wirklich wichtiger, dass ein Kind die meiste Zeit vom Tag mit Gleichaltrigen zusammen ist statt mit den Eltern? Wessen Werte lernt es so? Muss ein Kind in die Schule gehen um „für´s Leben zu lernen“? Braucht ein Kind einen guten Abschluss, um ein glückliches Leben zu führen? Und was gibt es für Alternativen dazu?
All das haben wir uns gefragt und haben für unsere Familie einen ganz eigenen Weg gefunden. Denn es gibt wirklich immer Alternativen. Oft erfordern diese eben auch Mut, Dinge anders zu tun als die meisten. Aber es geht darum, dass unsere Kinder glücklich sind und so angenommen werden, wie sie sind. Dafür sind wir auch bereit Wege abseits der Norm zu gehen.
Letztendlich können vielfühlende Kinder für eine Familie ein großes Geschenk sein, wenn wir uns nur gut genug darauf einlassen können.
Wir sollten so bewusst wie möglich mit dieser Chance umgehen, denn sie bietet für die ganze Familie die Möglichkeit aneinander und miteinander zu wachsen.
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